Aus betriebswirtschaftlicher Sicht lautet die Kernidee, dass gut erholte Mitarbeitende kreativer sind, weniger Fehler machen und seltener erkranken. Solche positiven Effekte – sollten sie sich realisieren lassen – erlauben es möglicherweise, die Verteilung der Arbeitszeit auf 4 Arbeitstage mit einer Reduzierung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich zu kombinieren.
In der Umsetzung ist im Detail zu prüfen, welche organisatorischen und personalwirtschaftlichen Maßnahmen erforderlich sind, um ein solches Arbeitszeitmodell zu implementieren.
Die 4-Tage-Woche kann genutzt werden, um das Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.
Anwendungsvoraussetzungen
- Marktliche Anforderungen zu den erforderlichen Betriebszeiten sind kompatibel mit der Flexibilisierung und zeitlichen Verlagerung der Personalkapazität.
- Bisher vor Ort erfolgte Abstimmungen im Tagesgeschäft können durch technische und organisatorische Regelungen zeitlich und räumlich entkoppelt werden.
- Rechtliche Rahmenbedingungen des Arbeits- und Tarifrechts sind einzuhalten (Regelungen zu Feiertagen und Urlaub, Arbeitszeitschutzgesetz, Zeichnungsberechtigungen, Weisungsbefugnisse und Vertretungsregelungen in Arbeitsverträgen bzw. Stellenbeschreibungen).
Wesentliche Schritte
Initialisierungsphase
- Problemidentifikation und Definition der Zielsetzung des Projekts:
- In welchen Bereichen des Unternehmens liegen welche Probleme vor, die möglicherweise durch Umstellung des Arbeitszeitmodells auf eine 4-Tage-Woche gelöst werden können?
- Was genau soll mit dem neuen Arbeitszeitmodell bis wann erreicht werden?
- Soll es eine Testphase geben und wie lange soll diese dauern?
- Wann gilt eine Einführung der 4-Tage-Woche als erfolgreich/gescheitert?
- Festlegung der Bereiche des Unternehmens, in denen das neue Arbeitszeitmodell eingeführt bzw. getestet werden soll.
- Definition von Abbruchkriterien und Maßnahmenplan zur Rückkehr zum bewährten Arbeitszeitmodell, sofern dies erforderlich werden sollte.
Mobilisierungsphase
- Erstellung eines Kommunikationskonzepts sowohl für interne als auch externe Zielgruppen.
- Definition von Verantwortlichkeiten für die Einführung des neuen Arbeitszeitmodells (z. B. Leitung Personalabteilung) einschließlich eines Eskalationskonzept.
- Start der Umsetzung des Kommunikationskonzepts mit Kommunikation der Ziele, der betroffenen Bereiche und des Zeitplans.
- Durchführung von gegebenenfalls erforderlichen Qualifizierungsmaßnahmen für einzelne Mitarbeitende, um neue Vertretungsregelungen vorzubereiten.
Konzeptionsphase
- Prüfung aller relevanten Schnittstellen innerhalb und außerhalb des Unternehmens und Erarbeitung daraus resultierender Rahmen- und Randbedingungen für das neue Arbeitszeitmodell.
- Konzeption eines neuen Arbeitszeitmodells für die betroffenen Bereiche (organisatorische Ebene) einschließlich eventuell möglicher oder erforderlicher Anpassungen der Betriebszeiten oder Pausenregelungen (Arbeitszeitgesetz verlangt Pause nach 6 Stunden).
- Identifikation möglicher organisatorischer Konsequenzen, z. B. Umverteilung von Aufgaben (z. B. Zentralisierung oder Konzentration auf einzelne Standorte), Einführung von Abstimmungsgremien, Anpassung der Qualifikationsprofile einzelner Stellen etc.
- Konzeption der neuen Verteilung der Personalkapazität auf Stellen bzw. Personen, z. B. Einteilung in Kohorten in Abhängigkeit vom freien Tag oder nach Modell/Variante der 4-Tage-Woche.
- Identifikation möglicher Schulungsbedarfe und Planung der Qualifizierungsmaßnahmen für die Betroffenen.
- Erarbeitung und Implementierung (Gültigkeitsdaten beachten, ggf. Rückkehrklauseln bedenken) der notwendigen arbeitsrechtlichen Regelungen für die Betroffenen (Individualebene).
- Erarbeitung und Implementierung möglicherweise erforderlicher technischer und organisatorischer Maßnahmen zur veränderten Zeiterfassung.
- Konzeption und Implementierung eventuell notwendiger Anpassungen in den IT-Systemen des Personalmanagements.
- Definition und Einrichtung von Meldewegen, Feedbackschleifen und Eskalationskonzept zu Rückmeldungen zum Betrieb des neuen Arbeitszeitmodells.
Umsetzungsphase
- Umstellung der Betriebszeiten und Einsatz der Personalkapazität gemäß dem Konzept des neuen Arbeitszeitmodells.
- Wechsel der veränderten IT-Systeme vom Testbetrieb in den Live-Betrieb.
- Nutzung der Meldewege und Feedbackschleifen zum neuen Arbeitszeitmodell.
- Unterstützung der individuellen und kollektiven Lernkurven zur Arbeit im neuen Arbeitszeitmodell, z. B. durch Workshops zu Anlaufschwierigkeiten, Umstellungsproblemen etc.
- Monitoring der Auswirkungen des neuen Arbeitszeitmodells auf operative Kennzahlen und Ergebniskennzahlen.
Auswertungsphase
- Auswertung der vorher festgelegten Kennzahlen in Bezug auf die Erreichung der gesetzten Ziele.
- Erhebung der subjektiven Wahrnehmungen und Empfindungen der Mitarbeitenden.
- Workshops zum weiteren Vorgehen (Weiterführen des neuen Arbeitszeitmodells, Umstrukturierung des getesteten Modells, Abbruch und Rückkehr zu altem Modell, etc.).
Kennzahlen zur Erfolgsmessung
- Kundenzufriedenheit.
- Liefertreue.
- Anzahl der (angenommenen) Angebote.
- Anzahl der (abgeschlossenen) Aufträge.
- Wahrgenommene Zufriedenheit der Mitarbeitenden.
- Wahrgenommenes Stresslevel der Mitarbeitenden.
- Krankenstand.
- Bewerberzahlen.
- Zahl offener Stellen.
- Zeitraum, in dem offene Stellen besetzt werden können.
Sie wollen einen direkten Einblick in die Praxis? Zwei Unternehmen berichten von ihren Erfahrungen:
Begünstigende Faktoren
- Geringe Schwankungen in der Nachfrage oder zumindest gute Planbarkeit der benötigten Personalkapazität durch Zwischenlager und Bestände.
- Bereitschaft zur wechselseitigen Stellvertretung.
- Offene Kommunikation.
- Gruppenkohäsion in den Teams.
- Bereitschaft zu Flexibilität und Mehrarbeit, wenn betrieblich erforderlich.
- Offenheit für Veränderungen bei den Mitarbeitenden.
Mögliche Herausforderungen
- Offene Stellen bzw. Unterdeckung in der verfügbaren Personalkapazität bei Belastungsspitzen.
- Erhöhtes Stressempfinden durch Verdichtung der Arbeit an den verbliebenen 4-Tagen führt zu Produktivitäts- und Motivationsverlusten.
- Fehlende Kommunikation und Abstimmungen führen zu Verzögerungen und Frustration.
- Subjektiv als höher empfundener organisatorischer Aufwand im Vergleich zu gewohnten Praktiken.
- Überhöhte Erwartungen der Betroffenen bezüglich Work-Life-Balance.
- Wirtschaftliche Situation und Geschäftsmodell erlauben keine Reduktion der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich.
- Trotz reduziertem Gehalt im Mittel höhere Lohnkosten, da zusätzlich eingestellte Personalkapazität Verwaltungsaufwand verursacht.
- Überhöhte Erwartungen der Geschäftsführung bezüglich der erzielten Ergebnisse.
Die 4-Tage-Woche in einem Maschinenbau-Unternehmen ist kein Selbstläufer. Allerdings ist das Team ausgeglichener, die Stimmung positiver und Schwächen und Potenziale in Prozessen sind sichtbar geworden.
Daniela Dingfelder , Operative Geschäftsführung DEGUMA-Schütz GmbH
Presse & Medien
- Erfahrungsbericht: BerKon GmbH https://www.berkon.d...
- Bericht des Handelsblatt über die 4-Tage-Woche https://live.handels...
- Bericht des MDR über die 4-Tage-Woche https://www.mdr.de/n...
- Bericht von Zeit Online über die 4-Tage-Woche https://www.zeit.de/...
- Osthessen-News zur 4-Tage-Woche https://osthessen-ne...
Studien und Statistiken
- Campbell, T. T. (2023). The four-day work week: a chronological, systematic review of the academic literature. Management Review Quarterly. https://doi.org/10.1...
- Lewis, K., Stronge, W., Kellam, J. & Kikuchi, L. (2023). The results are in: the UK’s four-day week pilot. Autonomy Research Ltd. https://autonomy.wor...
- Hans Böckler Stiftung (2023). 4-Tage-Woche: Vorteile für Beschäftigte und betriebliche Voraussetzungen. https://www.boeckler...
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